Das Hotel aus der Belle Epoque verströmt leider vor allem verblichenen Glanz, es ist wirklich etwas bitter zu sehen, wie es sich heute präsentiert und was man daraus machen könnte.
Der Empfang war von professioneller Routine, eher kühl. Stutzig machte uns, dass man offenbar lieber Englisch als Französisch spricht - das brauche ich nicht, wenn ich in der welschen Schweiz bin.
Wir hatten ein günstiges Arrangement für zwei Nächte mit einem Abendessen in einem Zimmer zur Stadtseite gebucht. Stadtseite - ein Fehler: Dies bedeutete in unserem Fall nämlich ein dunkles Loch (da kaum Tageslicht), hinten dran das Eisenbahnviadukt. Da half auch das gepflegt eingerichtete Zimmer nicht. Wir baten um einen Zimmerwechsel und haben uns schliesslich für ein Doppelzimmer Deluxe mit Seesicht und kleinem Balkon entschieden, obwohl der Aufpreis (wie zu erwarten) happig ausfiel. Die Sicht auf den Genfer See ist wirklich fantastisch, das haben wir sehr genossen. Das Zimmer selber war gepflegt und zweckmässig eingerichtet, das Bad wertig, aber eher klein und ohne Tageslicht. Der Zimmerpreis pro Nacht ist mit 490 Franken angegeben – das ist es für mich nicht Wert. Den Grossteil des Preises macht wohl die Sicht aus… Für 500 Franken bieten nicht wenige Hotels deutlich mehr.
Eine einzige Enttäuschung war das Abendessen. Der Service eine Katastrophe und eines 4-Stern-Hauses mit Restaurant unwürdig. Nichts gegen Personal aus allen Ländern der Welt (Asiaten überwogen): geschult sollte es einfach sein und ein gewisses Flair für Esskultur muss spürbar sein in dieser Klasse. Stattdessen ein Faux-pas nach dem andern (es würde zu weit führen, hier die Details aufzuführen), keine Beherrschung der französischen Sprache sowie das Vorsetzen einer Speisekarte, die äusserst unsorgfältig und fehlerhaft (falsche Informationen zu den Gängen) erstellt wurde. Das Essen schwankte stark in der Qualität. Die Suppe praktisch ungeniessbar, Vorspeise dann aber wirklich fein, der Hauptgang gut, Dessert durchschnittlich. Die schöne Aussicht (Restaurant-Terrasse mit Blick auf den See) soll offenbar über den Rest hinwegtrösten.
Die kulinarische Ernüchterung setzte sich beim Frühstück (Buffet) fort, bei dem die Qualität des Angebotenen nun wirklich kaum zu ertragen war. Brot, dessen Geschmack ich als neutral bezeichnen würde, ebenso der „Käse“, abgestanden schmeckende Säfte, Flakes, welche wohl vor ein paar Wochen mal frisch waren etc. Das Frühstück wird in einem schönen, hellen Saal angeboten. Jedoch war dieser offenbar zu klein, weshalb wir wie einige andere Gäste im Saal davor Platz nehmen mussten. Es war ein schöner Sommermorgen, in diesem Saal waren allerdings die schweren Vorhänge gezogen, das Licht schummrig, alles düster – kurz, es wurde dafür gesorgt, dass sich der Gast sehr unwohl fühlt. Die Tischchen hatten im Übrigen genau auf Kniehöhe eine Leiste, sodass ich beinahe unseres umgestossen hätte…
In unserem Arrangement enthalten waren noch eine Flasche Rotwein sowie ein Lunchpaket (Sandwich, Muffin etc.). Nach den Eindrücken des Abendessens und Frühstücks haben wir das Lunchpaket gar nicht in Anspruch genommen (was natürlich niemand merkte) und der Wein wartet noch darauf, geöffnet zu werden. Ich befürchte, er wird kein Genuss sein…
Wie erwähnt, kann man aus diesem Belle Epoque Hotel viel mehr herausholen, nur schon die schönen Säle, das teilweise erhaltene Art Déco Mobiliar müssten doch dazu anspornen. Kurz: die Führung sowie das Personal dieses Hotels sollten ausgewechselt werden und Leute das Zepter übernehmen, die es verstehen, das Potenzial dieses Hauses auszuschöpfen.