Der prächtige Originalbau des Teatro Regio di Torino von 1740 hat es leider, wie zu viele andere, nicht bis in die heutige Zeit geschafft. Nach einer wechselhaften Geschichte von auf und ab brannte es schliesslich 1936 endgültig nieder.
Der heutige Neubau feierte 1973 die erste Aufführung. Das neue Teatro ist bewusst und geschickt hinter der Fassade (das Einzige, was nach dem Brand erhalten blieb) der Gebäudezeile an der Piazza Castello versteckt. Damit blieb die Piazza Castello in ihrer speziellen architektonischen Kontinuität erhalten.
Auch wenn wir uns nicht mehr am alten Teatro erfreuen können, das neue ist eine architektonische und technische Meisterleistung. Angenehm geniessen kann man das Ganze natürlich bei einer Vorführung. Aber um alle Finessen und Details voll zu erfassen, lohnt sich zusätzlich eine Tour mit vielen Zusatzinformationen.
Das neue Teatro besticht durch ein vielleicht etwas eigenwilliges, aber sehr schönes, angenehmes, ästhetisches, attraktives, elegantes Design, wie man es eigentlich auch nur von einem italienischen Designer erwarten kann. Eines der überlieferten Zitate vom italienischen Architekten Carlos Mollino denn auch: „Alles ist erlaubt, solange es fantastisch ist“.
Spätestens wenn man einmal hier ist, wäre es an der Zeit – auch äusserst interessant und lohnend –, sich etwas mit Carlo Mollino und seiner Werke (neben Architektur, Design, Inneneinrichtungen auch Sport, Technik) zu befassen.
Viele grosse internationale Stars sind hier schon aufgetreten, diverse Fernseh-/ Video-/ CD-Aufnahmen wurden hier realisiert, was die Qualität und Bedeutung des Teatro untermauert.
Neben dem Basisprogramm von Oper, Ballett und Konzert, meistens von / mit dem Teatro Regio Orchestra and Chorus, wird das Angebot mit Shows und Specialevents aufgelockert.
Insgesamt eine interessante und vielseitige Bandbreite für die ganze Bevölkerung.
Das grosse Auditorium ist ein sehr breiter Saal. Der Vorteil, dass auch die hintersten Reihen nicht extrem weit von der Bühne entfernt sind. Der Nachteil, dass die äusseren Sitzblöcke einen schlechten Winkel zur Bühne und damit eine ziemlich reduzierte Sicht haben.
Dies bei Ballett und Shows für die Sitzplatzwahl unbedingt berücksichtigen, bei Konzerten unbedeutend.
Der Zuschauerraum steigt stetig an und würde an und für sich eine gute Sicht garantieren.
Die bequemen Sitze könnten einige gelangweilte Besucher zu einem Schläfchen verleiten.
Vor dem Programm und während den Pausen sorgt ein umfangreicher gastronomischer Service für das leibliche Wohl. Zu relativ günstigen Preisen (kann man die eher teuren Ticketpreise etwas kompensieren) findet man ein ziemlich reichhaltiges und qualitativ gutes Angebot an Getränken / Snacks.
Das Teatro liegt sehr zentral an der Piazza Castello, mit Bus und Strassenbahn sehr gut zu erreichen. Mindestens die Anfahrt z.B. besonders Stilvoll mit der historischen Linie 7.
Autofahrer sollten in der verkehrsberuhigten Innenstadt ohnehin nicht anzutreffen sein.
Zur besuchten Vorstellung, Béjart Ballet Lausanne „Light – Boléro“:
Die Compagnie präsentierte an diesem Abend zwei Stücke aus dem Original-Repertoire, noch von Maurice Béjart choreographiert.
1. Teil: „Light“ zur Musik von Vivaldi, The Residents, Tuxedomoon.
Béjart liebte dieses Ballett, und das Publikum liebt es wohl nach dieser Vorführung auch.
2. Teil: Maurice Ravels Hasswerk „Boléro“.
Ravel selber liebte es nicht und hatte, wie viele Kritiker bis heute, die aussergewöhnliche Genialität des Stückes nicht erkannt. Nicht so das Publikum hier, das Teatro Regio Orchestra führte deren Begeisterung vom ersten Teil in einem Rausch weiter. 41 attraktive männliche Tänzer auf der Bühne – bei einem, wie bei Ballett üblich, mehrheitlich weiblichem Publikum – tun das übrige, das gewaltige Crescendo zum Schluss geht über in einen gewaltigen Applaus des Publikums.
Béjart als Mensch muss man nicht mögen, Ausnahmekünstler sind bekanntlich meistens schwierig und geistig belastet, aber seine Werke und sein Einfluss auf die Entwicklung / Modernisierung / „Ausmistung“ des Balletts sind anerkennenswert.
Erfreulich für uns ist, dass das Béjart Ballet Lausanne bis jetzt erhalten geblieben ist, und die Ballettszene hoffentlich noch möglichst lange im In-/ und Ausland bereichern wird.