Was für eine verstörende Wendung eines anfänglich wirklich schönen Abends! Aber von Anfang an.
Nach einem Spontanbesuch um den Jahreswechsel herum bei Oma Wilma in Keitum waren wir neugierig auf mehr geworden. Fußläufig von unserem Quartier entfernt, wollten wir hier unseren letzten Abend auf der...Insel verbringen und reservierten für uns einen Tisch zum Frühtermin.
Zum Apéro hatten wir einen Blanc de Blanc von Schloss Vaux aus dem Rheingau im Glas und entschieden uns für das offerierte viergängige Überraschungsmenü mit Weinbegleitung. Es gibt kaum einen besseren Weg zum Kennenlernen einer Küche.
Wie auf Geheiß wurden uns prompt zwei Vorspeisen mit unterschiedlichen Weinbegleitern serviert. Zum einen gab eine Ceviche vom Heilbutt im Zitronellesud mit Dicker Bohne, Apfel und Schalotte. Im Glas ein Riesling 2020 vom Weingut Emrich-Schönleber von der Nahe. Zum anderen ein hausgebeizter Lachs mit Fenchel, Dinkel und Tomate, der von einem Weissburgunder „Oma Wilma“ 2020 vom Weingut Kirchner aus der Pfalz begleitet wurde. Zwei Vorspeisen mit unterschiedlichem Aromenspiel, aber absolut passenden Weinbegleitern. Ein ausgesprochen gelungener Auftakt.
Als Zwischengang servierte die Küche anschließend eine mit Pflaume und Rettich drapierte Riesengarnele zusammen mit Gurke und Gartenkresse. Dazu ein Sauvignon Blanc Hole in the Water, 2020, aus Neuseeland.
Es folgte der Hauptgang mit Welsfilet und Nudel mit Paprika sowie Mais, Kohl und Tomate. Ein reichhaltig komponierter Gang mit einem spannenden Merlot Rosé 2021 vom Weingut Milz aus Trittenheim, Mosel.
Passend zur Insel endete das Menü mit einem süßen Wattspaziergang aus Sanddorn, Schokolade, Quark und Sepia, der mit einem Riesling „Hattenheimer Nussbrunnen“ Spätlese 2017 vom Weingut Höhn aus dem Rheingau abgerundet wurde.
Bis hierhin volle Punktzahl. Was uns aber jetzt noch zum krönenden Abschluss fehlte, wie sollte es auch anders sein, war ein Kaffee mit einem schönen Digestif. Wir waren schließlich zu Fuß unterwegs. Hierzu sollte es aber nicht mehr kommen.
Der letzte Schluck Wein war gerade ausgetrunken, da wurden wir mit der Rechnung aus dem Lokal herauskomplementiert. Völlig unerwartet und aus dem Nichts. Dem Nachbartisch erging es wie uns. Auch dort war man wie vor den Kopf gestoßen. Ein Lukullus interruptus. Stimmung perdu, Punkte perdu, alles perdu.
Bei allem Verständnis für die Gastronomen auf der Insel, für die eine Doppelbelegung am Abend das wirtschaftliche Überleben sichert, aber mit einer mangelnden Sensibilität vergrämt man damit seine Gäste. Auch war es an diesem Abend völlig unnötig, weil weit vor der Zeit für die Rochade. Andere Gastronomen zeigen, dass man mit der Doppelbelegung auch ganz anders umgehen kann, eben nicht intermittierend, sondern kontinuierlich. Dort gibt man dem verwöhnten Gaumen die Zeit für einen krönenden Abschluss bei Kaffee und Digestif.
Ich verwahre mich gegen einen derartig despektierlichen Umgang mit mir als Gast. Die unerwartete Präsentation der Rechnung kam einem Tritt in den Allerwertesten zum Rauswurf gleich.
Auf St. Pauli würde man eine Oma, die einen in die Gemächer lockt, es aber nicht mehr bis zum Höhepunkt schafft, sondern nur noch für einen Lukullus interruptus zu haben ist, der Koberei bezichtigen.Mehr