Wenn es um einen Anwärter für einen etwaigen 3. Stern in Deutschland geht, fällt neben dem Purs (Andernach - 2 Sterne) immer wieder das Ophelia im Riva Hotel in Konstanz. Grund genug einmal vorbei zu schauen. Das Hotel ist mitunter das erste Haus am Platz...und dementsprechend freundlich ist der Empfang im Hotel und später auch im Gastraum. Dieser ist dunkel gehalten und gemütlich eingerichtet. Über Kunst lässt sich trefflich streiten und so bleibt es jedem selbst überlassen, ob man die Bilder an der Wand mit diversen Bondage-Motiven fesselnd findet oder eben auch nicht. Ich musste trotzdem schmunzeln und direkt an das De Librije (Zwolle - 3 Sterne) denken, welches in einem ehemaligen Frauengefängnis untergebracht ist. Dort erwartet jeden Gast auf dem Zimmer ein eingeschweißtes „Love-Package“ mit diversen Toys. Die Holländer eben…;-) Ich entscheide mich für das Ophelia Menü in 8 Gängen zu 225,-. Dazu begleitet mich in der ersten Halbzeit ein Duval Leroy Millesimé 2007 zu 198,-, welcher seine Parzelle in Bouzy ansässig hat. Ein sortenreiner Pinot Noir, welcher vollständig in Eichenfässer lagert und eine Dosage von 3gr aufweist. In der zweiten Halbzeit soll es von der Domaine Peyre Rose die Marlene No 3 sein zu 169,- sein. Ein knackiger Vertreter aus dem Languedoc, welcher ausschließlich in Holz ausgebaut wird und jede Menge Syrah in sich hat. Die Küche grüßt mit vier Kleinigkeiten. Dabei handelt es sich um Bodenseeaal mit Gurke, Kretzer (Flussbarsch) mit Blumenkohl, Saibling mit Lauch und Rinderbrust in Kataifi. Vor allen Dingen die Rinderbrust in Kataifi ist sehr spannend, da man diesen Teig im Normalfall eher aus der süßen Sparte der Nachtische kennt und dies hier perfekt umgesetzt wurde. Der Start ins Menü erfolgt mit Gänseleber, Birne, Vogelbeere und Kapuzinerkresse. Die Gänseleber kommt als Eis und Terrine auf den Teller. Auf der Terrine sind kleine Schuppen von Birne, was die Süße der Gänseleber zusätzlich unterstützt. Für die Kräuternote sorgt hier die Kapuzinerkresse, was eine willkommene Abwechslung zur oftmals langweiligen Foie Gras ist. Im zweiten Gang wird Lachs, Passe Pierre (eine Algenart), Kaviar und Auster serviert. Ein wunderschön anzusehender Teller, der von seinen herausragenden Produkten lebt. Der Lachs sowie die Auster sind von perfekter Qualität. Dazu kommt der Kaviar hier in einer großen Nocke auf dem Lachs daher, was im Zusammenspiel mit den übrigen Komponenten grandios ist. Nun zum Zander mit Artischocke, Edamame und Kerbel. Der Teller ist wunderschön anzusehen. Der Zander wurde konfiert und hat somit eine fantastische Konsistenz. Dazu passen hervorragend die verschiedenen Aromen der Artischocke und ein Hauch Kerbel. Umzingelt von zarten Edamame Bohnen und schon ist der Teller in seiner Einfachheit perfekt. Im nächsten Gang wird Seeteufel mit Spinat, Schweinebauch und Pilzen serviert. Der Seeteufel findet Platz auf einem Spiegel von einer leicht aufgeschlagenen Sauce, welche von leichten Aromen von Spinat umrandet wird. Der Schweinebauch wurde hier in kleinster Dosis eingesetzt, was im Zusammenspiel mit den erdigen Pilzen dem Seeteufel genügend Raum gibt. Im fünften Gang wird Kalb serviert und zwar als Kopf, Herz und Bries. Dazu gibt es Wirsing in verschiedenen Kompositionen. Das Bries wurde süßlich lackiert und entfaltet so seine ganze Bandbreite des Geschmacks. Der zarte Schmelz wird aufgefangen kräftig schmeckenden Kopf und Herz des Kalbs, was im Zusammenspiel mit Wirsing eine wunderbare Leichtigkeit erkennen lässt. Als kleiner Neutralisation wird ein Zitronensorbet gereicht, was im ersten Moment „altbacken“ klingt, aber seine Wirkung nicht verfehlt. So etwas darf es gerne öfters sein. Im Hauptgang habe ich mich für das Reh mit Sellerie und Himbeere entschieden. Das Lamm ist auf den Punkt gegart und von bester Qualität. Eine dunkel einreduzierte Jus voller Power wird durch den Sellerie etwas gemildert und durch die Himbeeraromen in eine andere Liga katapultiert. Oftmals sind die sogenannten Hauptgänge in Sterne-Restaurants die langweiligsten Gänge des Abends, was im Ophelia definitiv verneint werden muss. Auch sollte erwähnt werden, dass die Weinempfehlung von Sommelier Jerome Nicke in Form der Marlene No 3 ein absoluter Volltreffer war. Die nun folgende Käseauswahl von Maitre Antony erfolgt leider nicht vom Wagen, was ein kleiner Wermutstropfen bedeutet. Trotz allem ist die Auswahl ok, auch wenn sie etwas lieblos angerichtet auf dem Teller erscheint. Im Dessert wird Baba au Rhum mit Zwetschge und Vanille serviert. Der französische Napfkuchen ist wunderbar fluffig und die klassische Vanillenote in Form von Eis und einer luftigen Sauce bekommt durch die intensive Zwetschge einen besonderen Kick. Eine Armada von Petit Four in Form von einem federleichten Tiramisu, Salzkaramellpralinen, einem Himbeer-Berliner und einem Zitronentartelette beschließen den Abend. Was soll man sagen; das Purs war bislang für mich in Deutschland der heißeste Anwärter auf den 3. Stern von Herrn Michelin. Das Ophelia-Team hat gezeigt, dass mit ihm in Zukunft zu rechnen ist und so freue ich mich schon auf den nächsten Besuch bei Herrn Dirk Hoberg.Mehr