Seit sage und schreibe mehr als 30 Jahren besuche ich nun die »Kleine Glocke« und wie überall hat so ein Lokal in solch einer langen Zeit Höhen und Tiefen. Das alte Lokal, das bereits in den 20er Jahren berühmte Künstler anzog (Heinrich Hoerle, Max Ernst,...August Sander und andere waren Stammgäste) wurde nach seiner Zerstörung im 2. Weltkrieg einige Häuser weiter an heutiger Stelle wieder neu aufgebaut. Als ich das Lokal Ende der 80er kennenlernte, hatte die Glocke noch so eine Art »Nachkriegsflair« mit zigarren- und zigarettenrauchgeschwärzten Wänden, an denen Originalzeichnungen von Künstlern hingen, die ihre Zeche mangels Barem im Portmonnaie auf diese Weise beglichen. Nach dieser »alten Zeit«, in der die Wirtin Hanne das strenge Regiment hatte und unliebsame Gäste rigoros vor die Tür setzte, gab es eine längere »Durststrecke« mit wechselnden Inhabern, in der man fürchten musste, dass dieses Lokal seine Zeit endgültig hinter sich hat.
Seit jedoch Stephanie Rommerskirch und ihr immer freundliches Team dieses traditionelle Künstlerlokal umgebaut, behutsam renoviert und in angemessenem Stil wiederbelebt haben, fließt das Kölsch wieder munter und man kann urige kölsche Gasthausatmosphäre mit einem netten Publikum genießen. Kölsche Klassiker stehen auf der Speisekarte, der leckere rheinische Sauerbraten kommt selbstverständlich vom Pferd und man bekommt auch in den frühen Morgenstunden noch eine sättigende Frikadelle, wenn mal wieder ein gemütlicher »kölscher Abend« sein spätes Ende gefunden hat.
Auch wenn man immer denkt, früher sei alles besser gewesen, hier findet man noch ein Stück authentisches und fröhliches Kölle - und es ist zu hoffen, dass das (trotz Corona und anderer Krisen) noch lange so bleibt.Mehr