Wir waren schon einige Male dort und zuletzt zum Abendessen mit anderen. Wir hätten das Lokal nicht mehr gewählt, unsere Begleiter wollten dort unbedingt mal hin, aber nun gut: Wir haben es ein letztes Mal für dieses Abendessen probiert. Das war es dann auch endgültig....Die Begleiter wollen auch nie wieder dorthin. Die Lage und das Gebäude sind ganz klar perfekt – Altes Markthäuschen am Wilhelmsplatz, wo 3mal die Woche der legendäre Offenbacher Wochenmarkt ist.
Drinnen sieht es aus wie in einer abgewirtschafteten Bahnhofsgaststätte. Atmo am gefühlten Nullpunkt. Man sollte sich von den Bildern nicht täuschen lassen. Es ist schlimmer. Wir hatten draußen einen Tisch. Die Reservierung hat immerhin funktioniert. Obwohl mit dem Besitzer 3 Leute Servicepersonal herumliefen an diesem Abend und drinnen nichts los war, ist der Service langsam, aber es geht gerade noch. Das Lokal sticht hervor durch Personal und Besitzer immer am Rande der Unfreundlichkeit, aber gerade noch ok und ein Publikum, dem man nach wenigen Minuten anmerkt, dass es sich für das Salz der Erde hält, weil es hier bei hessischen Sprüchen und einem weit unterdurchschnittlichen Dorfessen sitzt und auf den Wilhelmsplatz schaut.
Die Karte wurde – wie gesagt drinnen niemand, die Terrasse fast voll besetzt – eingeschränkt auf eine spezielle Tageskarte, wie uns gleich zu Beginn verkündet wurde. Toller Einstieg. Die Karte selbst ist voll mit hessischen "Spezialitäten", allen voran mehrere Gerichte mit Handkäse in typischer pseudomoderner Aufmachung wie Ravioli mit Handkäsfüllung. Ok, wer das mag, ist hier vielleicht richtig. Ansonsten ist die Auswahl an guten Gerichten sehr mager. Die Preise erscheinen zunächst normal – schließlich ist die Konkurrenz am Wilhelmsplatz auch hart. Im Lichte der Qualität des Essens ist allerdings alles vollkommen überteuert.
Es gibt eine Wein- und Getränkekarte. Überwiegend deutsche Weine, die an der Trinkbarkeitsgrenze scharf entlang schrammen. Einige Perlen sind dabei, die dann auch deutlich zu teuer sind im Kontext des dürftigen Essens. Es werden Longdrinks angeboten. Die erscheinen mit um 8,50 nicht teuer, werden aber in einem Miniglas, vielleicht ganz knapp 0,2 l serviert und sind damit restlos überteuert. Dieser Eindruck setzt sich durch das gesamte Essen und Trinken fort. Wirkt zunächst nicht günstig, aber auch nicht sehr teuer, gemessen an dem, was man bekommt, ist es viel zu teuer. Im Grunde sehr raffinierte Abzocke – genau so kommt der Besitzer auch beim Service rüber.
Dadurch, dass wir zu mehreren waren, und jeder etwas anderes von der Karte hatte, bekamen wir einen hervorragenden Überblick über das Küchendesaster:
Das Frankfurter Traditionsgericht Grüne Soße mit 4 halben Eiern und Kartoffeln wird mit ungeschälten Pellkartoffeln serviert, die in die Soße geknallt wurden. Das haben wir – obwohl wir in Frankfurt geboren sind – so in diesem Leben noch nicht gesehen. Die Eier waren ok. Die Soße war eine einzige den Hunger stopfende Pampe. Die Kräuter bis zur Unkenntlichkeit zermatscht, wahrscheinlich mit einem elektrischer Mixer oder einem Fleischwolf. So machen das tatsächlich einige "Restaurants" aus der Unterliga in Frankfurt – und so natürlich auch das Markthaus. Was in der Soße drin ist außer den zerstörten Kräutern und die Soße zur Spachtelmasse macht, bleibt rätselhaft. Die Kartoffeln sind die klassischen Drillinge. Wie gesagt ungeschält als Pellkartoffeln – macht auch weniger Arbeit – und dazu noch halb gar gekocht – spart noch Energie. Damit waren es harte ungeschälte Klumpen, die das Messer gerade noch durchschneiden konnte. Die mit Abstand schlechteste Grüne Soße, die wir im kulinarisch wahrlich nicht verwöhnten Frankfurt und Umland bisher in unserem Leben auf den Tisch bekommen haben. Mit 11,90 Euro wirkt das Gericht zunächst nicht sehr teuer, aber gemessen an dem Gebotenen ist das ausgesprochen viel.
Tatsächlich wagte einer am Tisch das Tartar mit Garnitur und "Graubrot". "Graubrot" hört sich nicht nur an wie im Krankenhaus, so war es auch. Als wäre es direkt vorgeschnitten aus einem Plastikbeutel vom Discounter. Dazu gab es kleine Butterpakete. Das Fleisch selbst war ok, am unteren Rand der Skala, aber eben ok. Die Garnitur dazu mager bis zur Unkenntlichkeit. Immerhin ein Eigelb oben auf dem Fleischklumpen, einige wenige Kapern, zwei Alibi Sardellen, ein paar Zwiebeln, die vor Stunden geschnitten wurden und entsprechend übel schmeckten, und noch 3 Minigürkchen. In der Karte steht dazu "reichlich garniert mit …" Zum Glück war das Fleisch wohl nicht so alt, wie die vorgeschnitten Zwiebeln, so dass nicht zu schwer wiegenden Folgen kam. Insgesamt ein Essen, das zusammen mit Garnitur und Brot eine glatte Note 5 verdient. Dafür sind dann 16,80 auch nicht wirklich wenig.
Der "Ebbel Seppel" ist ein "Schnitzel gefüllt mit Sauerkraut, Apfel & Speck, dazu Bratkartoffeln & Senfsoße" für 14,90 Euro. Interessant schon in der Karte die Zusatzstoffe in Klammern: "(1,4,6,7,O,A)". Ohne auf die Bedeutung der Zahlen und Buchstaben einzugehen, fragt man sich, wie man es schafft bei so einem einfachen Gericht direkt am Marktplatz, wo man alles frisch kaufen kann, eine solche Liste an Zusatzstoffen hinzubekommen. Letztlich wird wohl in der Küche versucht so viel billige Convenience unterzubringen, wie es gerade möglich ist, ohne damit sofort aufzufallen. Zum Essen: In den Bratkartoffeln wurde wohl alles verarbeitet, was in Küche nach Kartoffel aussah. Neben normalen Bratkartoffeln waren auch einige gebratene Klumpen mit Schale drin – als ultra festkochende Kartoffeln mit typischem Fettglanz statt der leckeren Bratkartoffelkruste. Das gibt einem schon ein schlechtes Gefühl über das Vorgehen in der Küche. Das Schnitzel war durch die Füllung aufgewertet. Das Fleisch selbst war billigstes trockenes Schweinefleisch. Die Panade war ok wie auch der Bratzustand. Das Sauerkraut mit Äpfeln und Speck darin wirkt in keiner abgeschmeckt und rund. Man versucht einfach was Hippes zu machen, versteht aber nicht, das auch zu einem runden Geschmack zu bringen. Die Senfsoße sah schon seltsam aus und schmeckte auch so. Wenn man eine Senfsoße aus Frankreich kennt, weiß man nicht mehr, was diese Soße sein soll: vielleicht die misslungene Offenbacher Interpretation einer traditionell tollen Soße oder einfach was aus dem Convenience Beutel, was leicht die vielen Zusatzstoffe erklärt.
Es reicht mit der ausführlichen Beschreibung. Es waren noch einige Gerichte am Tisch, die die gleiche Qualität boten. "Cesar Salad mit Parmesandressing und gegrillten Putenbruststreifen (4,5,7)" So wie man im Lokal Caesar nicht schreiben, so weiß man auch nicht, wie das zubereitet wird. Kann Spuren von Parmesan enthalten, trifft es recht gut. Die Zusatzstoffeliste "(4,5,7)" ist auch wieder interessant. Man fragt sich, wie die da reinkommen oder vielmehr, was das für ein Parmigiano ist. Möglicherweise auch von den Fertigcroutons, die nach Discounter schmeckten. Dafür sind 14,90 auch ein stolzer Aufruf. Lassen wir es dabei.
Übrigens wird fast alles auf schwarzen Tellern serviert.
Hauptsache man glaubt, dass man hip ist.
Fazit: So ein Essen braucht niemand, absolut weit unter dem im Raum Frankfurt schon schlechten Durchschnitt. Dafür ziemlich teuer.Mehr