Diese Bewertung ist nicht ganz einfach, denn um es vorwegzunehmen, hatte unser Abend hohe Höhen und tiefe Tiefen. Zunächst das Äußere: ein langgestreckter Gastraum, stimmungsvoll, mit viel dunklem Holz, schummrigem Kerzenlicht und ohne gestärkte Tischdecken, der auf den ersten Blick eher an eine urig-gepflegte Kneipe...denn an ein Sternerestaurant denken lässt. Diesen Eindruck bestärkte auch der freundliche und unaufgeregt agierende Service. Beides gefiel uns sehr gut.
Dass wir für diesen Abend ein Restaurant mit einem Schwerpunkt auf „semi-vegetarischer“ Küche gewählt hatten, fiel uns spätestens auf als für nahezu alle Gänge mit ein und demselben Besteck aus Löffel und Gabel hantiert werden sollte. Kleine Messerbänkchen standen zur Ablage des Bestecks beim Wechsel der Gänge bereit, ein Messer wurde einmalig für den „Fleischgang“ (zwei fünfmarkstückgroße hauchdünne Scheibchen von Rehschinken) extra gereicht.
Das sollte man wissen und darauf sollte man sich einlassen (wollen). Wir taten es und haben es bis zu den beiden Desserts nicht bereut. Sehr angetan waren wir von einem durchaus interessanten und zumeist sehr harmonischen Aromenspiel von Bekanntem (wie zum Beispiel eine Hühnersuppe), das - neu interpretiert - für Überraschungseffekte am Gaumen sorgte. Die auch nicht immer perfekt gerieten: Tendenziell waren die ersten Gänge für unser Empfinden eher süßlich, auch an Fett wurde nicht gespart. Eine dick gebutterte Striezel-Scheibe zur „Pilzleber“, die mit Leber nur den Namen gemein hatte, aber wohl an eine Gänsestopfleber angelehnt war und einen ähnlichen Fettgehalt aufwies, war uns jedenfalls too much.
Kompliziert wurde es für uns bei den Desserts. Die Schwarzbieremulsion zum Maiwipferlhonig und zur Brombeere – ging als Süßspeise noch so einigermaßen durch, war aber auch nicht wirklich harmonisch. Als Zumutung für den Gaumen der Gäste empfanden wir allerdings im letzten Dessert-Gang die geröstete Karotte, die sich, komplett ihrer Süße beraubt, völlig trocken und verschrumpelt unter einem geschmack-losen, salzigen Sauerrahmeis und einem sehr intensiv und fies nach Krustentier schmeckenden Karamell verbarg. Man mag dies als experimentelle Spielerei verbuchen doch bei einem Menüpreis von 185 Euro fiel es uns im Gegensatz zum Service, der unsere kaum angerührten Teller fraglos abräumte, nicht ganz so leicht, dies einfach hinwegzulächeln.
Der letzte Gruß aus der Küche war denn auch keine wirkliche Überraschung mehr, weil in vielen Kritiken immer wieder als „Mutprobe“ erwähnt: flüssiges Schweineblut, diesmal mit weißer Schokolade, dargereicht in einem hauchdünnen Esspapier-Hörnchen. Darauf hätten wir nur allzu gerne verzichtet, denn so etwas empfinden wir mehr als Effekthascherei denn als stimmigen Abschluss eines Menüs. Das fanden wir dann einfach nur noch ekelhaft.
Es ist schade, dass man ausgerechnet mit diesen letztgenannten Eindrücken das Lokal verlässt und diese dann einen bleibenden Eindruck hinterlassen und das vorherige Gute überlagern. Dies wird der Küche von Sebastian Frank sicherlich auch nicht ganz gerecht. In der Patisserie ist jedenfalls noch deutlich Luft nach oben.Mehr