Im hohen Norden, wo die 3 Sterne Köche wie die Pilze aus dem Boden schießen und einer innovativer als der andere kochen soll, verwundert es schon etwas, dass es (bislang) nur ein 3 Sterne Restaurant in Norwegen gibt.
Dort kocht Esben Holmboe Bang und hält...seine 3 Sterne seit 2016, wo es damals zusammen mit dem Geranium, die höchste Auszeichnung des Guide Michelins gab. Bis 2016 gab es im übrigen noch kein 3 Sterne Restaurant in Skandinavien und so sind das Geranium und das Maaemo die ersten beiden 3 Sterner Skandinaviens.
Ich betrete das Restaurant, welches in einer Art Bürokomplex untergebracht ist und von aussen recht unscheinbar wirkt. Die Begrüßung ist nett und so nimmt man Platz in einem dunklen Zimmer mit gemütlichen Sesseln und einem Kamin und könnte glatt meinen, dass das Frantzén und das Maaemo sich abgesprochen haben, wie ein Dinner in einem Restaurant starten soll.
Auf der Couch angekommen, wird mir die Weinkarte ausgehändigt, welche nicht nur sehr gut sortiert, sondern auch sehr hochpreisig ist. Allerdings darf man an dieser Stelle nicht vergessen, dass man sich in Skandinavien aufhält, wo Alkohol per se sündhaft teuer ist. Ich entscheide mich für einen Presle Millesime 2016 Champagner aus dem Hause Cedric Bouchard und einen Les Beguines Champagner aus dem Hause La Closerie. Beide sind sehr Pinot Noir lastig und von daher solide Begleiter zum Dinner.
Die Küche grüßt mit einem kleinen aufgeschnittenen Brioche, welches eine kleine Schere von der Langoustine mit Hühnerhaut und on top Rogen von der Vendace (kleine Maräne) für mich bereit hält. Der Bun ist ebenso wie die Langoustine sehr weich, wohin gegen die frittierte Hühnerhaut und der Rogen von der Vendace einen fantastischen Gegenpart dazu liefern.
Die Küche schickt nun einen kleinen Bun gefüllt mit warmer Entenleber und bestäubt mit Nougat und getrockneten Blumen. Warm, süffig, perfekt.
Der nächste kleine Bite in Form von gepökelter Lammrippe mit Roggen und eingelegter Rose wird serviert. Die Lammrippe bildet das Tartelette in dem sich Roggen und eingelegte Rose in Form einer Creme wiederfinden. Das ist nicht nur sehr innovativ, sondern auch wahnsinnig lecker.
Im nächsten Bite wird es mit Tatar, schwarzem Wintertrüffel und Eigelb klassisch. Der kleine Happen funktioniert immer und zaubert mir auch im Maaemo ein Lächeln aufs Gesicht.
Nun zum Lompe (norwegisches Fladenbrot) mit Makrele und Wasserkresse. Auch dieser kleine Bite weis zu gefallen, da die Wasserkresse eine wunderbare Frische zur intensiv schmeckenden Makrele liefert.
Der nächste Bite ist nichts für schwache Nerven. Es gibt gekühlte Schulter von der Königskrabbe mit geräuchertem Herz vom Rentier. Wie auch im Frantzén (Stockholm - 3 Sterne) sowie im Oaxen Krog (Stockholm - 2 Sterne), wird im Maaemo Rentier Herz verbaut. Auch wenn sich dies im ersten Moment für den „normalen“ Mitteleuropäer sehr strange anhört, so kann ich den Leser/in dahingehend beruhigen, dass das Fleisch erstens immer in sehr kleinen Tranchen eingesetzt wird und zweitens durch seinen nicht vorhandenen Fettanteil eine gute Haptik und einen leckeren Geschmack mitbringt.
Nun zur Auster „in der 2009er Tradition“. Die gedämpfte Auster befindet sich in einem cremigen Sud mit einem Kräuteröl und bringt einen wunderbaren nussigen Geschmack an den Gaumen. Fantastisch.
Im nächsten kleinen Schüsselchen, was nach 8 kleinen Bites die Grüße aus der Küche beschließen soll, gibt es Kaviar mit Haselnuss und Bocksklee. Hier wird am Kaviar nicht gespart und so befindet sich in einem kleinen Schälchen eine große Nocke des jodigen Golds mit leichten Haselnussaromen und einer Jus aus Bocksklee. Ein Kracher.
Nun wird man in den Gastraum geführt, welcher sehr dunkel gehalten ist und mit kleinen Spots über den Tischen das wichtigste aufhellt und zwar die servierten Teller. Eine sehr intime Stimmung, welche das Produkt in den Vordergrund stellen soll. Im ersten „richtigen“ Gang serviert die Küche Skrei, welcher in gesalzener Butter sanft gedämpft wurde und von Rosenkohl und Jerusalemartischoke begleitet wird. Der Skrei ist perfekt gegart und es bedarf auf Grund der Garung mit gesalzener Butter keinerlei weiteren Würze. Der Rosenkohl und die Jerusalemartischoke geben einen schönen erdigen Geschmack auf den Teller und machen diesen rund.
Im zweiten Gang des Abends wird eine gegrillte Jakobsmuschel mit Mandel und Stachelbeere serviert. Die Jakobsmuschel ist perfekt gegart und butterzart. Die zarten Mandelaromen gehen für meinen Gaumen fast etwas zu stark in die Lakritz-Richtung, wobei die Stachelbeere durch Ihre Säure dem Ganzen etwas dagegen wirkt.
Nun zu einem norwegischen Klassiker und zwar dem Rommegrot (norwegischer Mehlbrei). Dieses Signature Dish serviert die Küche immer im Maaemo. Das Rommegrot wird aus saurer Sahne, Mehl, Butter hergestellt. Im Maaemo wird es mit Pflaumenessig und geräuchertem Rentierherz serviert. Das ist Glück zum Löffeln mit etwas zu hohem Anteil an Sahne.
Im eigentlichen Hauptgang wird Dry Aged Ente vom Grill mit geräuchertem Jasmin, Pflaume und Steinpilz. Die Ente wird vorab am Tisch im Ganzen präsentiert und danach in Tranchen aufgeschnitten mit einem cremigen Sud aus Jasmin serviert. Als kleinen Side gibt es ein Schälchen mit einer leichten Pflaumenessenz, Innereien der Ente und klein geschnittenen Steinpilzen. Es ist immer schön und nachhaltig, wenn alle Teile der Ente verarbeitet werden und so passt das klassische Zusammenspiel zwischen Ente, Pflaume und Steinpilzen hier sehr gut zueinander, reißt mich aber aber dennoch nicht vom Hocker, da irgendwie das gewisse etwas auf dem Teller fehlt.
Im ersten Dessert serviert die Küche eine leichte Sommerkonfitüre mit Milch und Waldmeister. Auch wenn das Konzept des Restaurants strikt regional wieder spiegeln soll und Maaemo so viel bedeutet wie “Mutter Erde”, so ist mir das erste Dessert doch etwas zu einfach gestrickt und kann mich nicht wirklich in seinen Bann ziehen.
Die Patisserie serviert im zweiten Dessert Moltebeere mit einem Steinpilz-Karamel. Die Moltebeere, welche fast nur noch in Skandinavien zu finden ist, bringt einen süßen, leicht säuerlichen Geschmack an den Gaumen und ist sehr saftig. Das Karamell mit leichten Anklängen von Steinpilzen bringt eine subtile Süße mit leichter Salznote auf den Teller und passt hervorragend. Stark.
Nun gibt es ein kleines Butterhörnchen, welches mit Haselnuss und Melasse (brauner Zuckersirup) gefüllt ist. Der kleine Bite ist buttrig, mit einem schönen Crunch der Haselnuss und bringt zum Ende des Dinners eine gute Süße mit, welche zu gefallen weiß.
Es bleibt süß, denn die Küche serviert noch warme, frisch gebackene Zimtschnecken. Warm, lecker mit einer schönen Zimtnote.
Der letzte kleine Bite des Abends besteht aus schwarzer Johannisbeeren mit Toffee aus Pinien. Die schwarze Johannisbeere transportiert genau die richtige Säure, um gegen die Süße des Toffee´s bestehen zu können.
Im Maaemo fühlt man sich in der sehr dunkel gehaltenen Location von Anfang an gut aufgehoben und geborgen. Die kleinen Bites zum Beginn des Dinners sind allesamt stark und sehr vielfältig. Das Menü fällt dahingehend leider etwas ab und kann das hohe Niveau des Starts leider nicht halten. Wenn man mich nach ein bis zwei Wochen nach den einzelnen Gängen befragt hätte, wäre es mir schwer gefallen, diese genau zu erläutern, da mir keiner so richtig im Gedächtnis hängen geblieben ist. Die Weinkarte ist vielfältig, gut sortiert und wohl durchdacht. Der Service führt charmant, souverän mit genau der richtigen Nähe zum Gast durch den Abend. Alleine wegen den wunderbaren und sehr vielfältigen Bites, werde ich im Maaemo sicherlich zeitnah nochmal ein kleines Stelldichein geben; wenn dann die einzelnen Gänge im Menü noch etwas stärker sind, wird das Maaemo zu einem absoluten Pflichthalt in Skandinavien.Mehr